Dieses Jahr gibt es beim 31. Bundestreffen der Jugendclubs etwas ganz Besonderes: Zum ersten Mal durfte eine junge Jury bei der Auswahl der sechs eingeladenen Produktionen mitentscheiden. Aus zweiunddreißig Bewerbungen wurden sechs Produktionen eingeladen, die im Lauf der Festivalwoche aufgeführt werden. Wir haben vor dem Treffen mit Leah und Leonie gesprochen, die Teil der jungen Jury sind.
Beide waren schon bei anderen Bundestreffen auf der Bühne mit dabei. In Weimar sind sie vom 2. bis 7. Oktober in der Festivalwoche auch Teil des Organisationsteams, betreuen die eingeladenen Theaterclubs und kochen auch mal Kaffee, wenn es sein muss. Selbst über Zoom merkt man den beiden die große Vorfreude und Begeisterung an.
Beschreibt das Bundestreffen der Jugendclubs in einem Wort!
Leah: Bei mir wäre das „Austausch“, weil es für mich ganz viel darum geht, andere Menschen, die auch Theater machen, zu treffen und darüber zu sprechen. Man ist in einer Theaterbubble und es ist immer so schön, wenn man andere genauso verrückte Menschen trifft.
Leonie: Jetzt hast du schon „Austausch“ gesagt. Für mich ist es auch eine starke „Bereicherung“, weil man so viele Menschen kennenlernt und so viele neue Perspektiven bekommt.
Wie findet das Auswahlverfahren der sechs eingeladenen Produktionen in der jungen Jury statt?
Leah: Wir schauen, dass diverse Themen behandelt werden und auch auf die Gruppenzusammensetzung, dass das Alter innerhalb der Gruppen variiert, sodass eine möglichst bunte Mischung entsteht. Und auch, wie sehr die Spieler:innen sich einbringen können. Die Jüngeren in der Jury haben oft nicht so viel Theatererfahrung und schauen halt wirklich auf das Offensichtlichere. Sie sagen vielleicht „okay, das ist langweilig“, oder „das verstehe ich nicht, warum machen die das so?“, das war für mich persönlich lehrreich.
Leonie: Unser Hauptfokus ist, dass wir vor allem aus Spieler:innensicht draufgucken. Unser Altersdurchschnitt liegt so bei siebzehn bis achtzehn Jahren, die Jüngste ist mittlerweile vierzehn und die Ältesten sind so Mitte zwanzig. Am Anfang sind die Jüngeren meistens etwas verhalten, aber je besser man sich kennenlernt, desto besser wird das. Bei der Sichtung der Stücke sind wir in Zweierteams gewesen, da haben gerade die Jüngeren eine ganz andere Perspektive, das ist sehr erfrischend.
Was muss ein Stück für euch haben, damit es eingeladen wird?
Leonie: Es ist super wichtig, dass etwas von den Spieler:innen selber kommen muss! Man denkt immer, dass das im Jugendtheater-Kontext normal sein müsste, aber wenn man sich so viele Stücke anguckt, merkt man, so ist es nicht. Dass wirklich die Jugendlichen mitbestimmen und da auch wirklich deren Themen auf der Bühne vorkommen. Und dann geht’s auch sehr viel um relevante Themen, wo wir auch gesagt haben, ja, das ist gerade ein wichtiges Thema und das wollen wir auf dem Festival haben.
Leah: Für mich ist es auch so, dass ich sehen möchte, dass die Spieler:innen wissen, was sie da auf der Bühne machen. Ich weiß gar nicht, ob man das so rational begründen kann oder ob es nicht eher so ein Gefühl ist, warum man ein bestimmtes Stücke auswählt. Das ist super schwierig bei der Juroren-Arbeit, weil man am Anfang alles auf Video hat und Theater auf Video ist echt nervig und anstrengend. Man muss sich auch vorstellen können, wie das auf der Bühne wirkt.
Welche Aufgaben erwarten euch beim Festival vor Ort und was passiert bei der Eröffnungsveranstaltung?
Leah: Wir werden auf dem Festival sehr viel rumwuseln. Wenn wir dann wirklich in der Woche sind, wird es sehr viel: wir machen noch fix das, wir bringen jetzt die Menschen von A nach B, beantworten Fragen. Das wird, glaube ich, sehr intensiv und lustig!
Leonie: Für uns ist das Thema „Gastgeber sein” ganz groß. Wir wollen, dass sich alle bei uns wohlfühlen und dass wir alle so ein bisschen betüddeln. Bei der Eröffnungsveranstaltung werden sehr viele Reden gehalten vom Oberbürgermeister zum Beispiel oder dem Intendanten vom DNT.
Leah: Unsere Hauptaufgabe sind bei der Eröffnungsveranstaltung die Teaser. Das sind dreissig bis sechzig Sekunden, in denen wir die Stücke, die eingeladen wurden, auf eine kreative Art und Weise vorstellen. Das Lustige daran ist, dass die Ensemblemitglieder im Publikum sitzen und vielleicht ihre Stücke erkennen. Und nach jedem Teaser wird dann die Laudatio zu dem Stück vorgelesen, das angeteasert wurde, mit der Begründung, warum es eingeladen wurde. Das ist immer ein schöner Teil der Eröffnung, weil so auch alle, die im Publikum sitzen, einen kleinen Vorgeschmack bekommen, was im Laufe der Woche passieren wird.
Was habt ihr als Teil des Fesitvalteams gelernt?
Leah: Auf der Planungsseite gibt es sehr viel, was man berücksichtigen muss, das bekommt man als Spieler:in gar nicht mit. Das fängt damit an, dass man überlegt, wer das Essen für die Woche macht oder welche Jugendherbergen gebucht werden müssen. Wenn man das einmal von dieser Seite aus erlebt hat, lernt man das alles viel mehr zu schätzen. Auch die Juryarbeit betreffend: wie schwer es wirklich ist, diese sechs Inszenierungen auszuwählen. Man hat am Anfang schon nur zwanzig vorausgewählte Produktionen und auf die zu kommen, ist schon schwierig. Und die finanzielle Seite, die man berücksichtigen muss. Was das alles kostet und dass man das und das aus den und den Gründen dann nicht machen kann.
Leonie: Ich habe sehr viel Respekt für das Festival-Team. Wir haben ja nicht wirklich die Verantwortung, sondern nur so ein bisschen. Und auch viel Respekt für die Juryarbeit in dem demokratischen Prozess, in dem sie abläuft.
Was macht Weimar als Theaterstadt besonders?
Leonie: Weimar ist schön klein, man kennt sich sehr schnell aus in der Theaterszene. Es gibt das DNT und das Stellwerk. Man kennt sich untereinander und weiß gleich, wen man ansprechen kann. Man merkt schnell, dass es eine kleine Bubble in Thüringen ist und das ist auch sehr schön. Man stellt schnell Verbindung her und es ist nicht so anonym. Ich komme aus Stuttgart und habe gemerkt, wie unheimlich viel Kultur Weimar hat, das ist schon etwas Besonderes.
Leah: Das ist so eine herzliche Community hier in Weimar. Wenn Leute von außen dazu kommen, werden sie sofort nett aufgenommen. Da ist auch noch das Theater am Markt, es gibt sehr viel Auswahl hier für Menschen, die Theater machen wollen, aber auch für Menschen, die Theater sehen wollen.
Auf welches Highlight/Stück freut ihr euch besonders?
Leonie: Ich bin in der Gruppe der Nachgespräche, da freue ich mich ganz besonders drauf. Da schaut man sich die sechs Stücke zusammen an und spricht darüber. Dann gibt es die sogenannten „Shortact-Gruppen“, die erarbeiten über die Woche eine kleine Aufführung, die jeweils etwa zehn Minuten dauert. Diese Gruppen sind aus allen Beteiligten gemischt, auch mit Delegierten drin, da lernt man sich erst beim Festival kennen. Und ich freue mich auf die Gruppe #likerollenscheiss. Die kommen aus Berlin, das ist das jüngste Ensemble und bei der Vorauswahl hat man schon sehr viel Spielfreude gesehen.
Leah: Ich freue mich auch besonders auf das Miteinandersein im Festivalzentrum, beim E-Werk hier in Weimar. Wenn man zwischen den Stücken und beim Essen beieinander sitzt und sich austauscht und kennenlernt. Und ich freue mich sehr auf das Stück “alles tanzt! halbstark” aus Karlsruhe. Das ist ein Tanzstück von einem männlich gelesenen Ensemble, das sich auf tänzerische Weise mit Männlichkeit auseinandersetzt, da bin ich sehr gespannt drauf.
Leonie: Ich freue mich auf jeden Fall, es ist wie Weihnachten.
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Leah Kästner studiert in Erfurt Grundschullehramt und wohnt in Weimar. Sie ist schon über zehn Jahre Spielerin am Stellwerk. Als ausgeschrieben wurde, dass ein junges Festival Team gesucht wird, hat sie sich direkt gemeldet.
Leonie Naujoks studiert in Jena Geschichte und Politik und zieht bald nach Weimar. Zurzeit spielt sie am Stellwerk und findet es super aufregend, das Festival mitzugestalten.
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Das Bundestreffen Jugendclubs an Theatern