[junge bühne] Heute ist Montag. Montags ist dein probenfreier Tag. Hast du als Schauspieler überhaupt so etwas wie einen probenfreien Tag?
[Alexander Wertmann] Den Theaterkontext habe ich trotzdem, wenn ich mich zum Beispiel mit Kolleg:innen zum Essen treffe, Text lernen muss oder mich auf den Dienstag vorbereite. Dass der Montag in Bochum frei ist, also oft auch spielfrei, ist trotzdem ein Ausnahmefall, das hat man an anderen Theatern nicht. Das ist schon super angenehm, ein kleines Privileg. Andere Kolleg:innen sind total neidisch darauf (lacht).
Jetzt gerade stehst du für drei Stücke auf der Bühne. Aber eigentlich spielst du schon Theater, seitdem du ein Kind bist. Kannst du dich noch an dein erstes Stück erinnern?
Ja, mein allererstes Stück, das hieß ‚Das sind doch wir‘ und das war ein Stück über Neandertaler mit einer Romeo und Julia-Geschichte. Dort habe ich sogar gebeatboxt. So als kleiner Elfjähriger dachte ich, dass ich das ganz gut kann.
Wie kamst du mit elf Jahren überhaupt zum Theater?
Die jüdische Gemeinde in München hat so ein Theaterangebot für Kinder gemacht und da hat mich meine Mutter hingeschleppt. Die ersten Male fand ich ganz schlimm und wollte es eigentlich nicht machen. Dann hat es sich irgendwie total gewendet und ich war Feuer und Flamme. Meine Theatermutter, das ist die Frau, die die Gruppe in der jüdischen Gemeinde damals geleitet hat, ist nach zwei Monaten zu meiner Mutter gegangen und meinte ‚Tut mir Leid, du hast einen Schauspieler geboren‘. Ich habe dort dann ein paar Jahre lang gespielt – das war mir aber irgendwann zu wenig. Dann bin ich in eine zweite Theatergruppe ins Gärtnerplatztheater, ein Musiktheater. Das war mir aber immer noch zu wenig, also habe ich noch in der Jugendgruppe des Residenztheaters gespielt. Ich war echt sieben Tage die Woche an irgendeinem Haus, für die Schule habe ich immer in der Tram gelernt.
Kannst du dich noch an den Moment erinnern, als für dich feststand, dass du professionell schauspielern und auf die Schauspielschule gehen möchtest?
Als Jugendlicher wusste ich nicht, dass man Schauspiel studieren kann. Eine Bekannte meiner Mutter meinte mal: ‚Dann wird er ja irgendwann mal an der Otto Falckenberg studieren‘ und ich dachte: ‚Was? Otto Falckenberg?!‘. Als ich zuhause war, habe ich natürlich sofort gegoogelt. Ich dachte, das wäre die einzige Schule, an der man Schauspiel studieren kann und mir war absolut klar, dass ich nach der Schule dahin gehen werde. Auf meinem alten Handy, damals in der siebten oder achten Klasse, habe ich in meinem Kalender vorgespult, zwei, drei Jahre und habe mir die Eignungsprüfungen eingetragen. Irgendwann habe ich gecheckt, dass es noch andere Schauspielschulen gibt.
Hätte es für dich damals eine Alternative zur Schauspielerei gegeben?
Ich wollte mir ein Jahr für die Vorsprechen nehmen und es wirklich überall versuchen. Wenn es nicht klappen sollte, dachte ich mir, mache ich was anderes. Ich war auf einer technischen Fachoberschule. Technik, Physik, Mathematik, das hat mich interessiert.
Du hast dann an mehreren Schauspielschulen vorgesprochen und an allen sah es ziemlich gut aus.
Ich habe versucht, das Vorsprechen nicht als unangenehme Situation zu sehen und wenig Druck aufzubauen, ich habe mich gut vorbereitet. Viele Leute, die auch mit einem vorsprechen, laufen dort rum und machen ihre Sprechübungen zur Vorbereitung. Natürlich war ich auch aufgeregt, ich habe aber versucht, ruhig und bei mir zu bleiben. Meine erste Schule war die Ernst Busch in Berlin, die hat mich angenommen. Dann die Falckenberg, dort wurde ich auch genommen, und dann war ich noch in Leipzig. Dort kam ich in die zweite Runde, aber weil ich schon die zwei Zusagen hatte, habe ich Leipzig abgesagt. Dann lag die Entscheidung zwischen Berlin und München. Da ich aus München komme und dort aufgewachsen bin, wollte ich da nicht länger bleiben und bin nach Berlin abgehauen.
Wie ging dein Umfeld mit deiner Entscheidung um?
Ich habe diese Entscheidung selbst getroffen und das mit niemandem besprochen. Dann meinte ich: ‚Ich ziehe jetzt nach Berlin‘. Meine Mutter war sauer. Sie wollte nicht, dass ich wegziehe. Sie hat sich total Sorgen gemacht. Ich bin auch Einzelkind, und meine Mutter hat mich allein großgezogen, für sie war das schon schwer, ihren Sohn gehen zu lassen. Aber sie hat es dann akzeptiert. Bei meiner ersten Premiere hier in Bochum, ‚Passion I und II‘, war sie mit meiner Familie da und dann hat sie auch gesagt: ‚Schön, dass du damals nicht auf mich gehört hast‘.
Oft höre ich von Hobby-Spieler:innen, dass sie es beruflich nicht versuchen wollen aus Angst, dass das Studium und die Arbeit den Spaß an dem Spiel wegnehmen.
Es macht auf jeden Fall einen Unterschied. Vor der Schauspielschule war das Spielen so ein Einfach-drauf-Losspielen mit vielen Freiheiten, ich musste nicht so sehr darauf achten, wie, wo und was ich machen soll. Ich bin in die Jugendclubs gegangen, weil ich einfach Spaß daran hatte. An der Schauspielschule wird dir alles am Spielen bewusster, dir wird gesagt, wie du was machen sollst, Techniken werden dir beigebracht, du wirst verglichen, du musst leisten. Es ist ein riesiger Lernprozess, aber es geht so ein bisschen die eigene Freiheit verloren. Die muss man dann am Ende wiederfinden. Ich glaube, das Beste ist nach vier Jahren Schauspielschule, darauf zu vertrauen, dass man alles irgendwie gelernt hat und einfach loszulassen.
Gelingt dir dieses Loslassen schon?
Immer mal wieder. Es gibt diese Momente, der Kopf schaltet sich einfach aus und man ist im Flow und spielt. Diese Momente suche ich immer wieder, aber die so richtig zu kriegen ist wirklich schwer. Das alles fallen zu lassen und drauf loszuspielen, da bin ich glaube ich noch im Prozess, das zu suchen.
„Ich glaube, das Beste ist nach vier Jahren Schauspielschule, darauf zu vertrauen, dass man alles irgendwie gelernt hat und einfach loszulassen.“
Worauf hat dich die Schule nicht vorbereitet?
Auf die freie Kunstszene – also Anträge schreiben, Geld kriegen, davon habe ich absolut keine Ahnung. Im vierten Jahr hatten wir Rechtskundeunterricht, da ging es ein paar Stunden lang darum, wie man Verträge unterschreibt und worauf man achten muss, es geht aber sehr schnell vorbei. Und dann kriegt man ein bisschen das Gefühl von der Schule, dass man versagt hat, wenn man nicht ein Festengagement bekommt. Das ist total schade, weil warum soll ich in irgendein Haus gehen, in das ich gar nicht möchte, nur um Theater machen zu können. Was aber auch fehlt, ist das Vorbereiten auf den Film. Ich weiß nicht, wie es an anderen Schulen ist, aber wir hatten ein paar Wochen Filmworkshop und das war‘s.
Während deines Studiums hast du trotzdem angefangen zu drehen. „Masel Tov Cocktail“ war dein erstes großes Filmprojekt. Auf der Bühne und vor der Kamera – Wie unterscheiden sich diese zwei Schauspielarten?
Ich würde sagen, das sind zwei komplett verschiedene Kunstformen. Im Film ist das ganze Spielen viel kleiner als auf der Bühne. Ich habe große Augen und ich bin ein Spieler, der viel mit den Augen und mit dem Gesicht macht. Dann hieß es immer: ‚Alex, weniger, hör auf zu starren, weniger Alex, weniger.‘ Das ist aber auch das Schöne: Wenn die Kamera so nah an deinem Gesicht ist, dann musst du nicht viel machen, außer zu denken. Die Kamera fängt das ein. Das hat man gar nicht auf der Bühne. Da muss ich groß spielen, sonst merken es die Leute in den hinteren Reihen nicht. Ich darf die Zuschauer:innen nicht vergessen, denn ich kriege auch Energie von ihnen, es ist immer ein Kontakt und ein Austausch. Den habe ich bei der Kamera nicht so stark. Im Theater möchte ich mich gerade weiterentwickeln, beides macht mir aber sehr viel Spaß.
Du meintest mal, dass du dich mit dem Filmcharakter Dima identifizieren kannst. Ist es leichter oder schwerer eine Figur zu spielen, wenn man einerseits biographische Parallelen hat, aber auch ähnlich denkt oder empfindet?
Ich weiß nicht, ob ich sagen würde, dass es leichter ist. Also ich habe ja jegliche Kriterien der Rolle erfüllt, ich bin russischsprachig, jüdisch, ungefähr in diesem Alter, meine Eltern kommen aus der damaligen Sowjetunion. Ich habe das Drehbuch gelesen und dachte mir: ‚Das muss ich spielen‘, ich konnte damit sofort etwas anfangen, es hat mich sofort berührt. So gut wie jede Situation aus dem Film ist mir auch so in meinem Leben passiert, allen Jüd:innen, die in Deutschland aufwachsen. Trotzdem war es eine schauspielerische Herausforderung, und man investiert sehr viel, egal, wie nah die Rolle ist. Bei der letzten Szene haben wir, der Schauspieler, der Tobi gespielt hat und ich, geweint, weil es so intensiv für uns war. Und gleichzeitig bin ich ja auch nicht Dima, die Filmfigur. Ich bin schüchterner und ich würde mich zum Beispiel nicht trauen, jemandem einfach so in die Fresse zu boxen.
Danach seid ihr viel mit dem Film rumgetourt, diese Zeit muss ziemlich besonders gewesen sein.
Diese Ausmaße, die ‚Masel Tov Cocktail‘ angenommen hat, damit hat niemand gerechnet. Das ist schön – und überfordernd. Dann kommen nämlich plötzlich Filmfestivals, wir wurden hier nominiert, wir haben dort einen Preis gewonnen, diese erste Phase war unglaublich, absurd. Aber diese Preise, sobald die sich stapeln wird’s egaler, es macht nicht mehr so viel. Unser Regisseur ist immer noch nach zwei Jahren damit beschäftigt, den Film auszuwerten und nimmt an Filmfestivals und Q&A’s teil. Der Film ist jetzt zum zweiten Mal in der Mediathek, die Leute feiern ihn immer noch. Was die jüdische Community feiert ist, dass es hier keinen Juden in der Opferrolle gibt, sondern endlich eine selbstbewusste Heldenfigur. Das hätte ich früher auch gerne gehabt. Aber es hat manchmal einen komischen Beigeschmack, wenn Deutsche uns dann gerade für diesen Film einen Preis geben – wir denken uns ‚Wir wollten einfach nur einen Film machen, ihr müsst uns dafür keine Preise geben‘ (lacht).
Wie war es, dich selbst im Film zu sehen?
Horror… Ich kann mich selbst nicht gut sehen, ich habe auch nicht viele Theaterstücke von mir nochmal gesehen. Das Max Ophüls-Festival war unsere Premiere, ich bin in den Saal mit 400 Leuten und dann sehe ich mich sechs Meter groß auf der Leinwand.
Und du hast ihn davor nicht gesehen?
Die Premiere war auch meine Premiere. Ich habe davor totale Kopfschmerzen bekommen und mir war schlecht. Als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, fand ich’s ganz schlimm. Das ist auch die Sache bei Filmen: Du drehst die Sachen und machst dir daraus deinen eigenen Film im Kopf. Dann schaust du es dir an und da kommt etwas komplett anderes. Mir hat der Film zuerst nicht gefallen, mir war das zu schnell geschnitten. Dann habe ich mir aber bei der zweiten Vorstellung gesagt: ‚Jetzt setz dich hin und genieß das mal, finde neue Sachen, schau den mal zum allerersten Mal‘, und ab da wurde es besser.
Seitdem hast du bestimmt einige Angebote bekommen. Gibt es Rollen, die du ablehnst?
Ja, also im Film gebe ich ganz viel ab, zum Beispiel Anfragen mit ‚Jude‘ oder ‚Russe‘, da habe ich gerade keine Lust mehr drauf. Ich würde es wieder machen, aber das sind so stumpfe Sachen, die jetzt kommen. Auch beim Theater muss man schauen, was man spielt und wer inszeniert. In ‚Wer hat meinen Vater umgebracht‘ spiele ich eine Drag Queen. Ich musste einspringen und ich habe mir schon vorher Gedanken gemacht, ob ich das machen darf und kann. Ich hab beim Recherchieren gelesen, dass es Drag Queens gibt, die hetero sind, und einfach mit Geschlechterrollen spielen wollen. Somit konnte ich die Rolle mit mir vereinbaren. Das sind Diskurse, für die man offen sein muss. Gleichzeitig gibt es immer noch die Meinung ‚Jede:r kann alles spielen‘, was so, glaube ich, eine Utopie ist. Das wäre ja schön, wenn wir dahin kommen. Wir sind jetzt aber noch nicht in der Zeit, wo alle alles spielen können. Ich glaube wir müssen jetzt, um Strukturen zu brechen, immer hinterfragen ‚Wer spielt hier wen?‘, und Rollen entsprechend besetzen.
Seit ein paar Monaten bekommst du einen Einblick in die Institution Theater – in meiner Vorstellung sind das noch oft sehr starre, hierarchische Strukturen dort.
Ja, Theaterstrukturen… Wie in anderen Betrieben gibt es auch am Theater Strukturen, die überhaupt nicht gut sind. In Berlin hatte ich das Gefühl, da hat man Theater mit großen Namen, die auf der Bühne teilweise zeigen, wie die Welt sein sollte – das gucken sich aber immer die gleichen Leute an, die eh schon alle so denken. Die Leute, über die man spricht, fehlen meistens oder gehen nicht ins Theater. Und nach Innen hin läuft dann genau das falsch, was man die ganze Zeit auf der Bühne kritisiert. Deswegen bin ich irgendwann nicht mehr so viel ins Theater in Berlin gegangen. Hier in Bochum habe ich das Gefühl, dass es mehr um die Kolleg:innen und die Leute geht, wir zeigen auch sehr unterschiedliche Sachen. Aber natürlich gibt es auch hier teilweise die typischen Theaterstrukturen und diese Strukturen durchzubrechen dauert. Ich habe aber das Gefühl, wir sind auf einem guten Weg. Vielleicht muss man noch mehr in Richtung Kollektivtheater gehen, also dass Kollektive zusammenkommen, die Räume öffnen, dass Bühnen nicht nur an einem Standort sind, dass mehr Leute und Leute von überall vom Theater mitkriegen…
Dadurch könnten auch junge Leute mehr ans Theater herangeführt werden.
Ich habe das Gefühl, man geht ins Theater und wird sehr oft enttäuscht, sehr oft. Aber dann gibt es so ein Stück, das brennt sich in den Kopf ein und das kriegt man nicht mehr los und das bleibt da für immer. Diese Momente möchte ich nicht missen, deswegen gehe ich immer wieder ins Theater. Wenn du aber als 14- oder 15-Jährige:r mit deiner Klasse, mit deinem Deutschunterricht, gezwungen wirst ins Theater zu gehen, dann guckst du dir vielleicht echt ein Stück an, wo du rausgehst und denkst ‚Ich habe wieder einen nackten Mann auf der Bühne gesehen, der gekotzt hat und sich einen runtergeholt hat‘. Natürlich wollen die Jugendlichen dann nicht ins Theater gehen, die wollen sich doch sowas nicht geben…
„Ich habe das Gefühl, man geht ins Theater und wird sehr oft enttäuscht, sehr oft. Aber dann gibt es so ein Stück, das brennt sich in den Kopf ein und das kriegt man nicht mehr los und das bleibt da für immer.“
Was möchtest du künstlerisch oder schauspielerisch unbedingt mal machen?
Ich hätte mal Lust auf ein Gastspiel, mal wirklich weiter weg, Moskau oder so – aber auch eigene Projekte zu realisieren, vielleicht mal als Regie selbst, das will ich auf jeden Fall noch machen. Schauspielerisch will ich diese ‚andere Ebene‘ erklimmen. Es gibt manche ältere Schauspieler:innen, die kommen einfach auf die Bühne und die sprechen ihren Text, ohne viel zu machen und das steht im Raum und es ist unglaublich, ich weiß nicht, was das ist. Man sagt denen ‚Das war gut, an dieser Stelle aber noch ein bisschen trauriger‘ und dann machen die das genauso wie davor, bloß an dieser einen Stelle ein bisschen trauriger und es ist perfekt. Es geht, glaube ich, darum, dass man mit seinen Werkzeugen so umgehen kann, dass man direkt um seine Wirkung weiß. Vielleicht ist das diese Ebene, die man mal in zehn Jahren, in 20 Jahren erreicht.
Gibt es da eine Person, die du in dieser Hinsicht besonders bewunderst?
Das Ding ist, ich bin schlecht mit Namen (lacht). Aber James Thiérrée, das ist ein Enkel von Charlie Chaplin. Ich habe mit 14 Jahren eine Inszenierung von ihm auf YouTube gesehen, ‚Symphonie du Hanneton‘, das hat mich in meinem Kunstverständnis geprägt. Das Thema Traum wird da bespielt. Es macht einfach Spaß, wie er mit Humor und gleichzeitig Trauer spielt, das ist unglaublich, man lacht und gleichzeitig könnte man im nächsten Moment weinen. Das mag ich am meisten. Ich suche das Lustige in Stücken. Ich will, dass die Leute lachen. Sobald die Leute gelacht haben, glaube ich, kann man die Leute in dieser Entspanntheit kriegen und es gibt einen größeren Raum, um in einen viel tieferen Schmerz zu gehen, um in eine größere Trauer zu fallen. Ich glaube auch, dass man im deutschen Theater zu wenig lacht.
Wie drückt sich das in deinen Proben aus, kannst du dort auch diese Teile von dir miteinfließen lassen?
Man muss sich den Raum nehmen, das ist auch das, was ich gerade lerne. Es ist immer wieder eine Überwindung, gerade wenn man so große Namen um sich hat, zu gucken, wie stark ich mir den Raum nehme. Ich versuche aber nie, das Gleiche zu spielen. Ich nehme mir immer die Möglichkeit, die Proben zu nutzen, um was Neues zu erfinden und in jedem Durchlauf an der Rolle weiterzuarbeiten. Ich suche immer den Humor, ich suche immer was Lustiges, für mich ist das sehr wichtig. Aber ich bin generell gerade dabei, viel herauszufinden. ‚Was brauche ich? Was muss ich vor einem Stück machen, um gut zu spielen? Was können eigene Rituale sein?‘, das sind gerade auch Prozesse, die ich durchmache.
Hast du schon so etwas wie ein Ritual für dich gefunden?
Also ich… (denkt) Ich schließe immer meine Augen vor einer Aufführung, atme ein bisschen durch. Ich mag es auch vor der Vorstellung auf die Bühne zu gehen, alleine, wenn niemand da ist und kurz die Energie des Saals aufzunehmen, kurz in alle vier Ecken zu gucken und die Größe des Raums zu finden.
Diese Frage wollte ich eigentlich irgendwo dazwischen reinschieben, ich stelle sie aber jetzt: Bochum oder Berlin?
Boah, schwere Frage (überlegt). Also sagen wir‘s so, ich glaube, dass ich irgendwann meinen Wohnsitz in Berlin haben werde, ich glaube, ich brauche die Größe irgendwann. Ich bin aber unglaublich froh, in Bochum zu sein, es ist sehr toll, dass dieses Haus genau hier in Bochum ist, also genau hier ist. Das ist wirklich eine ganz tolle sympathische Stadt mit ganz vielen tollen sympathischen Menschen.
Ist das Publikum auch anders?
Ja, Standing Ovation habe ich so nicht oft gesehen in Berlin, und Buh-Rufe auch nicht, also hier gibt es beides. Die Leute sind ehrlich und wenn denen was nicht gefällt, dann gehen die da auch nicht hin. Und wenn denen etwas gefällt, dann sind die voll Feuer und Flamme für. Das hat man in Berlin eher nicht so.